Die Schweiz erhält ein neues Epidemiengesetz – Interview mit Mike Schüpbach

Mike Schüpbach betreut im Bundesamt für Gesundheit die Revision des Epidemiengesetzes als Co-Projektleiter. Er erklärt, welche Lehren aus der Covid-19-Pandemie bereits in den Gesetzesentwurf eingeflossen sind.
Fünf Jahre nach der Covid-19-Pandemie zieht die Schweiz die Lehren aus der Krise. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) hat in den letzten Monaten das Epidemiengesetz eingehend überarbeitet. Nun hat der Bundesrat den neuen Gesetzesentwurf zur Beratung an das Parlament überwiesen. Mike Schüpbach, Stv. Sektionsleiter des Rechtsbereichs 2 im BAG, hebt die wichtigsten Aspekte hervor.
Herr Schüpbach, welches sind die wichtigsten Neuerungen im Gesetzesentwurf aus Sicht des BAG und warum?
Letztlich ist es die Mischung aus verschiedenen Anpassungen, die ineinandergreifen. Es wurden einerseits die Erfahrungen aus der Covid-19-Pandemie aufgenommen, gleichzeitig aber auch neue Gesundheitsgefahren adressiert. Damit soll die Schweiz besser auf künftige Gesundheitskrisen vorbereitet sein. Ein zentrales Thema ist die verbesserte Erkennung und Überwachung von Krankheitserregern: Der Einsatz von neuen technischen und medizinischen Errungenschaften und die digitale Datenübermittlung werden gesetzlich verankert. So können Bedrohungen früh erkannt, Massnahmen rasch ergriffen und deren Wirkung überprüft werden.
Zweitens stellt die Revision Instrumente bereit, um das Problem der wachsenden Antibiotikaresistenzen anzugehen. So können neu zum Beispiel Daten zum Antibiotikaverbrauch erfasst, Gesundheitsinstitutionen zu Präventionsmassnahmen verpflichtet oder die Bereitstellung wirksamer Antibiotika in der Schweiz finanziell gefördert werden.
Trägt der Entwurf den gesellschaftlichen Auswirkungen einer Pandemie besser Rechnung als das bisherige Gesetz und wenn ja, inwiefern?
Das Epidemiengesetz hat generell zum Zweck, die Folgen übertragbarer Krankheiten für Gesellschaft und Betroffene zu reduzieren. Mit der Revision erhält dieser Aspekt noch mehr Gewicht. Es wird ausdrücklich festgelegt, dass bei der Planung und Umsetzung von Massnahmen die Auswirkungen auf Gesellschaft und Wirtschaft sowie die Grundsätze Subsidiarität, Wirksamkeit und Verhältnismässigkeit berücksichtigt werden müssen. Vor der Anordnung von Massnahmen in der besonderen Lage muss der Bundesrat zudem Kantone und zuständige Kommissionen konsultieren. Dies sorgt dafür, dass Entscheide breit abgestützt und gut überlegt sind. Die Verankerung der finanziellen Unterstützung der Wirtschaft bei erheblichen Einbussen in besonderen oder ausserordentlichen Lagen stärkt die wirtschaftliche Stabilität in Krisenzeiten.
Wie muss man sich das Zusammenspiel zwischen revidiertem Epidemiengesetz und neuem Pandemieplan konkret vorstellen?
Epidemiengesetz und Pandemieplan sind eng verzahnt und greifen künftig noch besser ineinander. Das Gesetz legt verbindlich fest, wann welche Massnahmen grundsätzlich möglich sind und wer zuständig ist. Es regelt auch Verfahren wie die Feststellung einer besonderen Lage und die Konsultation von Parlament und Kantonen. Der Pandemieplan ist ein strategisches Instrument und baut auf dem Epidemiengesetz auf: Er enthält Planungsgrundsätze, Abläufe, Checklisten und Handlungsempfehlungen für Bund und Kantone. Neu werden die Pläne gesetzlich verankert: Bund und Kantone müssen Vorbereitungs- und Bewältigungspläne erstellen, aktualisieren, publizieren und gemeinsame Übungen durchführen. Zudem schafft die Revision mehr Verbindlichkeit bei der Vorratshaltung medizinischer Güter – eine Lehre aus Covid-19.
